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Actun Tunichil Muknal

Ihr Anblick verfolgt mich fünf Jahre später noch immer. Ich sehe das Bild ihres Kristallüberkrusteten Totenkopfes genau vor mir, der offene Kiefer, wie in einem lautlosen Schrei erstarrt. Der Rest des Skelettes war im Gestein perfekt erhalten, die Arme schief über ihrem Kopf, die Beine auseinandergespreizt. Die Konservierung war so vollständig, dass man die einzelnen Knochen ihrer Finger erkennen konnte. Oberhalb ihres Kopfes lag eine wunderschön geschnitzte Axt aus Jade. Wurde diese bei ihrem Mord benutzt?

 
Actun Tunichil Muknal
Wer war sie? Warum lag sie hier, mehr als eine Meile im Inneren der Höhle? Welch hoffnungslose Bedingungen existierten in ihrem Leben die zu ihrer Opferung führten? Mein Bild war das des Skeletts eines jungen Maya Mädchens in Actun Tunichil Muknal, Höhle der Steinbestattung. Wir erkannten an der Knochenstruktur ihres Schädels und Beckens, dass sie ein weiblicher Teenager war. Ihr Alter zum Zeitpunkt ihres Todes konnte anhand des Wachstumsbereiches ihres Oberschenkelknochens, der noch sichtbar war, bestimmt werden. Durch weitere Funde von Artefakte in der Höhle konnte ihr Tod der Spätklassischen Periode, um 800-900 A.D. zugeordnet werden.

Jüngste Archäologische Untersuchungen haben die Bedeutung von Höhlen für die antiken Maya aufgezeigt. Die Maya glaubten, dass man, um in den Himmel zu gelangen, durch neun Ebenen der Unterwelt passieren musste. Absonderliche Rituale wurden von den Königen und religiösen Führern in den Höhlen von Belize abgehalten. Sie glaubten Opfergaben in der Unterwelt würden ihrem Volk bessere Ernten und Regen bringen.

 
 

Dr. Bruce I. Minkin ist ein praktizierender Handchirurg aus Asheville, North Carolina, USA. Er betreibt Höhlenforschung seit seinem neunten Lebensjahr und ist Mitglied der Nationalen Höhlenforscher Gesellschaft (National Speleogical Society - NSS 6809) seit 1960. Im Alter von 16 wurde er von der Mexikanischen Regierung von Campeche eingeladen bei der Ausgrabung einiger Maya Gräberhöhlen im Urwald der Yucatan Halbinsel mitzuhelfen. Dies war der Beginn eines lebenslangen Strebens nach Abenteuer.

Bruce absolvierte die Universität von Tennesee mit einem Bachelor in Physischer Anthropologie, danach besuchte er die Medizinische Schule. Während seiner Studienzeit und Praxis gab Bruce sein Interesse an der Natur nie auf. Seine Leidenschaft für Archäologie und Höhlenforschung brachte ihn zu dem Archäologischen Erkundungsprojekt im Belize Tal (Belize Valley) in
1998. Obwohl er kein professioneller Archäologe ist wurde er aufgrund seiner Erfahrungen in vertikalen Höhlenbesteigungen und Anthropologie als Expeditionsmitglied angenommen. Im nächsten Jahr kehrte er mit seinem Sohn Erik zurück, der eine Diplomarbeit über Maya Höhlenarchäologie schrieb.

Actun Tunichil Muknal war eine wichtige Zeremonienstätte der Maya. Das Kartieren, Dokumentieren und Konservieren der Überreste in der Höhle ist ein fortwährender Prozess für Archäologen schon seit 6 Jahren. Die Höhle ist nach dem steinernen Altar benannt, der über eine halbe Meile tief in der Höhle entdeckt wurde. Auf einem Felsvorsprung, dreizehn Meter über einem unterirdischen Fluss, wurde vor über 1000 Jahren ein Altar errichtet. Zwei Stelae oder Monumente aus Steinplatten wurden aufrecht in eine Gruppe von abgebrochenen Höhlenformationen platziert. Die vier Fuß lange Stelae repräsentierte Gegenstände
die bei den blutigen Ritualen verwendet wurden, Klingen aus Obsidian, die Wirbelknochen von Stachelrochen. Zu Zeiten der antiken Maya sollen Hohepriester die Körperteile ihrer Opfer durchbohrt haben um das Blut auf ein Stück Rinde in einer Schüssel tropfen zu lassen. Die Rindenstücke wurde dann verbrannt und durch den zum Himmel aufsteigenden Rauch die Götter gehuldigt. Die Gegenstände dieser Zeremonien wurden um den Altar herum gefunden, Klingen aus Obsidian, aufwendig dekorierte Schüsseln, Gesichter auf Schiefertafeln geschnitzt.


Eine Meile tiefer in der Höhle klettert man durch eine enge Schlucht die in einen großen Raum führt. Dieser Raum ist so lange wie drei Fußballfelder und über dreißig Meter hoch. Der gesamte Boden dieser Halle ist mit glitzernden weißen Steinen bedeckt. Hier muss man die Schuhe ausziehen um nicht den kristallinen Boden zu beschmutzen oder Artefakte zu zertreten. Wo auch immer man hinblickt sind Tongefäße, Menschenknochen und Kunstgegenstände im Boden eingebettet. Ganze Totenköpfe liegen offen herum, die Gesichter mit weißem Kalkspat bedeckt wie ein Zuckerguss. Eine Axt aus Jade steckt in einem Spalt in der Wand. Die kleinen Knochen des Skeletts eines Kindes liegen am Rande. In größeren Steinaufschüttungen sind an den Seiten Löcher gegraben die Menschliche Totenköpfe repräsentieren. Ollas, große Steintöpfe stehen unbeweglich auf dem Boden. Einige sind so groß, dass man hindurchkriechen könnte.

Actun Tunichil Muknal
In einem entlegenen Winkel der Kammer klettert man sieben Meter senkrecht hinauf zu einer Wandnische. Von hier erblickt man das Skelett des Mädchens. Man kann nicht anders als bei diesem Anblick vor Erstaunen innezuhalten. Alle verlassen schweigsam den Raum, verwundert darüber, was an dieser Stelle wohl vor tausend Jahren stattgefunden habe.

Actun Tunichil Muknal ist nun auch für die abenteuerlustige Öffentlichkeit zugänglich. Diese wundersame Archäologische Fundstätte unter Grund ist heute ein lebendes Museum. Die menschlichen Überreste und Artefakte würden an Bedeutung verlieren, würde man sie in einen Schaukasten verlegen. Durch Betrachtung dieser Gegenstände in ihrem Originalzusammenhang kann der Eco-Tourist erst richtig schätzen was dies für die Antiken Maya bedeutet hat. Die Höhlen dürfen nur unter Leitung eines zugelassenen Führers besichtigt werden, nicht nur um Sie vor Gefahren in der Höhle zu schützen, sondern auch um die empfindlichen Steinformationen und Artefakte zu beschützen. Dies ist kein Ausflug für schwache Nerven. Der einstündige Fußmarsch zum Eingang der Höhle führt durch den Dschungel. Das Innere zu erforschen erfordert schwimmen, klettern, kriechen und rutschen über eine Meile tief in die Höhle. Aber die Anstrengung zahlt sich aus, wenn Sie dieses Gesicht sehen. Es beschwört das Mysterium der Maya herauf, einfach unvergesslich.

Alle Fotos von Dr. Bruce Minkin zur Verfügung gestellt.
Alle Rechte vorbehalten.


Belize Valley Archaeology Reconnaissance

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